Im Interview: Prof. Christian Knoche, Knoche Architekten BDA
Im Interview: Prof. Christian Knoche, Knoche Architekten BDA
Ziegel als Brücke zwischen Alt und Neu: Gleich mehrfach wurde die Sanierung und Aufstockung eines denkmalgeschützten Kontorhauses in Leipzig ausgezeichnet. Ebenso einfühlsam wie souverän ergänzten hier Knoche Architekten BDA den massiven Bestand um massives Volumen.
Wie ist der Entwurf für die Sanierung und Aufstockung des Kontorhauses in Leipzig entstanden? Was hat Sie dabei inspiriert?
Maßgabe war die Verdichtung der umgebenden Stadtstruktur, die aus mehrgeschossigen, gründerzeitlichen Wohn- und Gewerbebauten besteht. In dieser Struktur hatte das bestehende Kontorhaus aufgrund seiner geringen Höhe nur eine untergeordnete Präsenz, obwohl es gut sichtbar an einer markanten Kreuzung steht. Wir wollten das Volumen daher stärken und die Aufstockung massiv ausführen. Gleichzeitig sollte dabei die Gebäudekontur versatzfrei übernommen werden. Also Weiterbauen mit Respekt vor der Substanz, das Gegenteil der häufig zurückgesetzten, gläsernen Parasiten.
Die Weiterführung der Gebäudekontur verbietet vorgehängte Balkone von sich aus. Daher entstand die Idee der Loggia und des großen, innenliegenden Patios, um die sich dann wiederum die Aufenthaltsbereiche der Wohnungen gut anordnen ließen. Auf standardisierte Möblierungsanforderungen mussten wir dabei keine Rücksicht nehmen. Somit konnten wir zwei sehr individuelle, maßgeschneiderte Wohnungen entwickeln.
Welche Herausforderungen gab es in der Planungs- und Bauphase zu meistern?
Die Herausforderungen bestanden zumeist in der Baustellenlogistik, da auf dem Gelände weitere Gebäude mit sehr unterschiedlichen, aber stark frequentierten Nutzungen bestehen. Die Zumutungen konnten daher auch nur durch intensive Abstimmung, den guten Willen und das Verständnis unserer Nachbarn gelöst werden. Dafür wir noch heute dankbar.
Ein weiteres bautechnisches Problem war der Schutz des Bestandes, da wir ein neues Treppenhaus mit Aufzug eingebaut haben und die oberste Decke ersetzen mussten. Zum Schutz der Substanz wurde daher mit dem Gerüst ein komplettes Wetterdach errichtet, was die ohnehin beengte Situation vor Ort weiter eingeschränkt hat.
Warum fiel die Wahl auf Tonbaustoffe?
Tonbaustoffe wie die eingebaute Ziegeldecke und die Außenwände mit Wärmedämm-Mauerwerk waren hier die beste Wahl, weil sie leicht sind und sich auch im Bestand einfach verarbeiten lassen. Außerdem können Tonbaustoffe Wärme und Feuchtigkeit speichern und wieder abgeben. Damit besitzen sie eine für Wohn- und Aufenthaltsbereiche optimale bauphysikalische Qualität.
Was ist Ihnen darüber hinaus noch wichtig an dem Projekt?
Wichtig war uns, die architektonische Balance zu finden zwischen formaler Zurückhaltung und einer dennoch eigenständigen Gestaltung. Wir haben daher beispielsweise die Fassadengliederung sehr genau studiert und die neuen Fenster nach der bestehenden Maßordnung gesetzt. Auf den regelmäßig strukturierten Straßenseiten wurden trotzdem einzelne Fenster weggelassen und andere zu Panoramafenstern zusammengefasst. So wird auch die neue Nutzung Wohnen ablesbar, ohne das Gebäude zu dominieren.
Wichtig war uns aber auch, die horizontale Gliederung der massiven Wände des Bestandes aufzugreifen. Diese besteht aus farbigen Ziegelbändern, reliefierten Gesimsen und einer Vielzahl von horizontalen Konturen, zusätzlich unterstrichen durch die Lagerfugen des Verblendmauerwerks. Übersetzt wurde dies in eine horizontale Putzstruktur, die als Kammputz mit 15 mm tiefen Fugen ausgeführt wurde. Dabei verlaufen die Fugen wie die Lagerfugen des Mauerwerks absolut und exakt horizontal. Ihre Ausführung zeigt den Herstellungsprozess: Der Putz wurde wie aufgetragen belassen, geringfügige Fehlstellen also im Nachgang nicht korrigiert. Das führt zu einer sehr handwerklichen Anmutung, die mit dem Bestandsmauerwerk sehr schön harmoniert.
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